Hier ein paar Infos, damit man die Empfehlungen etwas besser nachvollziehen kann, was natürlich nicht bedeuten muss, dass man mit den Leuten, die die veröffentlichen auch einer Meinung sein muss. Normalerweise würde ich es mit Quellen belegen, die rauszusuchen kostet mich aber aktuell zu viel Zeit.
Fakt Nr 1: Der Blutdruck korreliert sehr stark mit dem Risiko für Herzinfarkt, Schlaganfall, Nierenversagen und weiteren Erkrankungen. In > 80% der Fälle weiß man nicht genau warum manche Menschen zu höherem Blutdruck neigen, aber die Schäden an den Organen sind Eindeutig AUFGRUND des Bluthochdrucks, was bei diesen Patienten gegen das Argument des "Bedarfsdruckes" spricht. Umgekehrt, Menschen mit Blutdrücke um 80 mmHg neigen zwar zu Schwindel, haben dafür aber nachgewiesenermaßen einen Risikofaktor weniger, an den oben genannte Krankheiten zu versterben.
Fakt Nr 2: Die erste und effektive Maßnahme zur Senkung des Blutdrucks ist Bewegung, Ernährung, Nikotinverzicht, eine gute Schlafhygiene, uvm. Nur würde das für viele Menschen eine Umstellung bedeuten, die mit deren Lebensweise nicht so einfach vereinbar ist. Beispiele: Der Pilot mit regelmäßigem Jetlag, der nicht auf seine Entspannungszigarette verzichten möchte, oder der Arzt, der morgens um drei nach 18h ohne Pause sich noch schnell ne Tiefkühlpizza reinzieht.
Fakt Nr 3: Unabhängig von HDL, LDL, etc. reduziert die Einnahme von Statinen (egal von welcher Firma) das Herzinfarkt und Schlagunfallrisiko deutlich. Die Maßnahme ist sogar so effektiv, dass man kardiovaskulären Risikopatienten großzügig 4 Wochen vor einer großen Operation Statine, egal wie die Blutfettwerte sind, ansetzt. Man weiß, dass Entzündungsprozesse, wie sie regelmäßig nach großen OPs auch ohne Keimbesiedlung auftreten, vorhandene Plaques destabilisieren, und so zur Steigerung der Mortalität innerhalb der ersten postoperativen Wochen führen. Statine schützen also den Patienten auch vor schweren postoperativen Komplikationen.
Über diese Dinge sollte mein mit den betroffenen Patienten sprechen. Die letztendliche Entscheidung für oder gegen eine Medikamenteneinnahme trifft dann der informierte Patient selbst.
Grüße
Nun, dass man seine Patienten schützen will, ist völlig legitim. Und sollte auch so sein. In erster Linie ist einmal derjenige verantwortlich, den Patienten über die v e r s c h r e i b u n g s p f l i c h t i g e n Medikamente aufzuklären, der sie auch verschreibt, denn er hat die "licence-to-do". Und jene besitzen ja eine potente Hauptwirkung (abgesehen mal von den Nebenwirkungen ), wie wir alle wissen. Ob und wie die Aufklärung passiert, sei mal dahingestellt. Prä-und postoperative settings unterscheiden sich immer von langfristiger ambulanter Einnahme. So sollte auch darüber aufgeklärt werden.
Ist der Patient nicht complient und verweigert die Einnahme( evt wg. mangelnder Aufklärung ), wird sich beim nächst besten darüber beschweren, wie schlecht er behandelt wurde, gegebenenfalls auch beim HP, vergessen ist dann schnell, ob er nicht auch lifestyle-mäßig gesehen an seiner Erkrankung einen Anteil hatte.
Wenn Antihypertonika verschrieben werden sollen, sind mit gut gewählten Worten sowohl der Einfluss modifzierender eigener Handlungsweisen anzusprechen als auch geeignete Antihypertonika auszuwählen. Ich staune immer wieder, wenn ich auf Patienten treffe, die vom Vorbehandler als Monotherapeutikum einen Betablocker bei moderatem Blutdruck erhalten ( ohne vorher ACE-Hemmer , AT1-Rezeptorenhemmer oder Calciumantagonisten gesehen zu haben ) und ohne kardiologische Riskiofaktoren/Erkrankungen in der Vergangenheit und Gegenwart. Betablocker haben das Potential, das Gefühl der "Wesensveränderung" zu verursachen, und da wundert es mich nicht, wenn so Aussagen wie oben "hängt wie ein Schluck Wasser in der Kurve" zustande kommen, genauso fühlen sich Patienten damit oft, wie abgeschaltet.
Sicher ist das"Auswahlhändchen " hier entscheidend. Ebenso wird man wenig dank erwarten, wenn ein Kombipräparat, das aus ACE-Hemmer und Thiazid besteht, den Betroffene aus heiklen beruflichen Situationen entschwinden lassen muß und er pausenlos die Toilette aufsucht, gut für den Blutdruck zwar, schlecht für den Job...
. Auch hier wäre eine passendere Alternative dran. Und lohnend für die Compliance.
Auch über Statine kann man sich streiten. Und da enthalte ich mich bewußt jeglicher Diskussion. Nur, wenn ich Compliance von einem Patienten erwarte, und ihn zu mehr Bewegung animieren möchte ( ja, man mutiert im Gesundheitsektor ja schnell mal zur "Animateuse" *g*), dann sitzt man halt in der Klemme, wenn der Patient mit Statinen und Muskelschmerzen daherkommt ( nicht seltene Nebenwirkung von Statinen, und nein, ich red nicht von der Gefürchtetsten, sondern einfach simple Muskelschmerzen ), dann wird das seinem Bewegungswunsch wohl sehr entgegenstehen.
Und das könnte man unendlich fortführen, fürchte ich. Es ist nicht immer so einfach, auch wenn man es gerne will
Und da wir uns in einem HP-Forum befinden:
wenn alternative Behandlungen/Mittel das können, RR senken, dann.....