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Perfektionismus

P

P.G.B.

Guest
In der Praxis begegnen wir oftmals Menschen, die durch ihr perfektionistisches Verhalten komplexe Schwierigkeiten entwickeln.
Das Fundament zu perfektionistischen Verhalten liegt in den verschiedensten Ursachen begründet.
Die aufgeführte Thematik (Hochbegabung) ist hier als eine Ursachen benannt. Die Auswirkungen gehen m.E. jedoch auch bei anderen Grundlagen in die gleiche Richtung.
(Das erwähnte "Kind" kann also in weiten Teilen ersetzt werden durch "Mensch".)

Perfektionismus

Definition:
Vervollkommnungsfähigkeit des Menschen als Ziel alles sittlichen Wollens .

Nach Silvermann ist perfektionistisches Verhalten Hochbegabter eine direkte Folge der ausgeprägten Fähigkeit zum abstrakten Denken. Perfektion ist ihr zufolge nämlich ein abstraktes Ideal, das aus dem Bewusstsein darüber entsteht, was möglich ist.
So geben sich hochbegabte Kinder oftmals erst zufrieden, wenn eine Aufgabe perfekt gelöst ist und sie mit dem Ergebnis 100% zufrieden sind. Hierbei gehen sie außerordentlich selbstkritisch vor und können teilweise eigene Fehler oder Schwächen anderer schwer akzeptieren. Ihre erfolgsmotivierte Ausrichtung lässt ein „Versagen“ in ihren Augen nicht zu. Aufgaben die zu schwer erscheinen, werden so erst gar nicht in Angriff genommen.


Erkennungsmerkmale perfektionistischer Kinder
• Hoher Selbstanspruch
Hohe Anforderungen kombiniert mit Detailgetreue und Korrektheit sind von großer Bedeutung. Bei Misserfolgen werden diese dem persönlichen Versagen und der eigenen Unfähigkeit zugeschrieben.

• Angst vor Fehlern, Unsicherheit
Durch den hohen Selbstanspruch und der eigenen stark ausgeprägten Selbstkritik wird das eigene Handeln übermäßig stark bewertet. Infolge dessen entsteht Angst, Fehler zu machen.

• Ordnungsliebe
Ordnung und Organisation spielen eine übergeordnete Rolle

• Langsamkeit
Durch einen perfektionistischen Arbeitsstil kommt es zur Verlangsamung der Arbeitsweise. In Klassenarbeiten werden die gestellten Aufgaben oftmals nicht in der vorgegebenen Zeit gelöst.

• Geringe Frustrationstoleranz
Werden die Kinder ihren hohen Ansprüchen nicht gerecht, reagieren sie häufig mit Verzweiflung, Wut, Aggression.

• Geringe Übungsbereitschaft
Das Kind erwartet zu Beginn der gesetzten Aufgabe Erfolge. Erkennt es, dass sich dieser Erfolg nicht einstellt, fällt die Leistungsmotivation ab. Es zeigt keinerlei Motivation zur Übung. Dem Kind mangelt es an Geduld und Ausdauer.

Der Ursprung von Perfektionismus wird in zwei Lerntheoretischen Ansätzen zu erklären versucht:

Operantes Konditionieren / Verstärkungslernen
Perfektionistisches Verhalten wird erlernt im Umgang mit Eltern und anderen Bezugspersonen/ Lehrern, die selbst perfektionistische Züge aufweisen. Gute und außergewöhnliche Leistungen werden mit Lob und Anerkennung positiv verstärkt, Fehlern und Versagen wird mit Abweisung und Strafe begegnet.
Es entsteht eine Verbindung zwischen dem Verhalten des Kindes (Perfektionismus) und der Konsequenz (Lob, Anerkennung, Tadel, Strafe). Es wird konditioniert (durch Verstärkung erlernt).
Das Kind hat gelernt, dass es bei Fehlern mit Verlust von Liebe und Anerkennung zu rechnen hat. Es möchte Fehler unter allen Umständen vermeiden und entwickelt große Angst, diese zu machen. Es entsteht eine immer größer werdende Kluft zwischen dem eigenen hohen Erwartungsstandard und den tatsächlichen Leistungen.

Lernen am Erfolg / Modell lernen
Eltern und andere Bezugspersonen dienen Kindern als Modell. Durch Imitation und Beobachtung dieser lernen Kinder sowohl Verhaltensweisen als auch Emotionen. Haben Kinder perfektionistische Eltern, ahmen sie diesen nach in z.B. Ordnung und Organisation.
Perfektionismus ist bei hochbegabten Kindern meistens kein Resultat der Erziehung, sondern entsteht quasi natürlich aus der Begabung heraus. Als positive Eigenschaft dient er als Antriebsenergie für große Leistungen. Blockiert der Perfektionismus Leistungen indem das Kind aufgrund einer niedrigen Frustrationstoleranz z.B. unglücklich wird, bedarf es wirksamer Hilfe. Voraussetzung der Hilfsangebote ist, Perfektionismus als persönliche Eigenschaft des Kindes zu respektieren. Wird die Nutzung produktiv umgesetzt, gilt es bestimmte Aspekte zu berücksichtigen:

• Setzen von Prioritäten
Das Kind lernt, Wichtiges von Unwichtigem zu unterscheiden.

• Erleben von Zufriedenheit
Das Kind entdeckt, dass nicht alles in seinem Leben auf Leistung bezogen ist (es gibt Aktivitäten, die Spaß machen und nur des Spaßes wegen gemacht werden).

• Erfahrung von Vertrauen
Das Kind erlebt, dass Eltern, Lehrer usw. Vertrauen in seine Fähigkeiten haben, es auch bei Misserfolg unterstützen.

• Akzeptanz der eigenen Fehler
Fehler werden nicht als Versagen erlebt, sondern als Lern-erfahrung.

Ist das perfektionistische Verhalten so stark ausgeprägt und wird das Kind in seiner gesamten Entwicklung blockiert, nimmt es zwanghafte Züge an. Empfindet das Kind sein Verhalten selbst als Ich-fremd, bedarf es an dieser Stelle einer gezielten Psychotherapie.

Kognitive Verhaltenstherapie
Hierbei lernt das Kind, dass es für Misserfolge nicht ausschließlich allein verantwortlich ist und daraus resultierende negative Erfahrungen zu verallgemeinern z.B. „ Ich kann überhaupt nichts“ . Positive Aspekte werden heraus gearbeitet und kognitiv als Erfahrungsgewinn umstrukturiert.

Personzentrierte Psychotherapie
Das Kind lernt durch Wertschätzung, Akzeptanz und Selbstkongruenz
des Therapeuten, Vertrauen in seine eigenen Fähigkeiten zu entwickeln.



Petra Grunden-Böing / HPP
Münsterstr. 72a
46397 Bocholt
www.petra-grunden.de


Auszug aus der Facharbeit:
Problemstellungen bei Hochbegabung ,
Beratungsinterventionen und Möglichkeiten der Hilfe
copyright P.Grunden-Böing
 
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